Helga Lukoschat sagt klar, dass Mobilität kluge Konzepte braucht, in der sich die gesamte Bevölkerung wiederfinden kann. So ist die Wertschätzung von Vielfalt nicht nur eine Grundeinstellung, sondern auch unternehmerisches Konzept. Als Geschäftsführerin der EAF Berlin muss sie auch Ausdauer mitbringen, denn die Themen Gender und Diversity rufen nicht immer nur Begeisterung hervor.

Was ist Ihr schönstes Mobilitätserlebnis?
Mit 19 fuhr ich nach dem Abitur mit einer Freundin von Nürnberg nach Brüssel. Ihr Vater hatte uns ein Frühstück im Speisewagen des D-Zugs spendiert. Das war ein großer Luxus damals, Mitte der 70er. Der Zug fuhr die Strecke am Rhein entlang- wunderschön. Wir saßen bei Kaffee und Hörnchen am Fenster, staunten über die Landschaft und fühlten uns ein wenig wie „Damen von Welt“. Dabei waren wir noch rechte Landeier …

Welche drei Eigenschaften beschreiben eine starke Frau?
Mut, Ausdauer, Klugheit.

Was würden Sie Ihrem jüngeren Selbst raten / mit auf den Weg geben?
Mehr Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und Spaß am Netzwerken. Das habe ich erst spät gelernt. Außerdem bei der Studienwahl: ich nachhinein bedauere ich bisweilen, dass ich mich nicht für Jura entschieden habe.

Sie sind Vorstandsvorsitzende der EAF Berlin, welche Herausforderung(en) mussten Sie schon meistern?
Sehr viele, in sehr unterschiedlichen Facetten. Die EAF Berlin ist ein unabhängige Non-Profit-Organisation ohne institutionelle Förderung und das unternehmerische Wirtschaften mussten wir bzw. ich erst lernen. Im Personalbereich vor allem, dass auch sehr geschätzte Weggefährtinnen und Kolleginnen irgendwann ihren eigenen Weg gehen. Und generell gilt es beim Thema Gender&Diversity Durchhaltevermögen an den Tag zu legen. Das sind ja Fragen und Herausforderungen, die nicht immer nur Begeisterung hervorrufen.

Gab es Momente in Ihrem Leben, wo Sie sich gewünscht haben, ein Mann zu sein?
Ja, vor allem als junge Frau, u.a. bei einem langen Trip in Südindien. Da gab es viel Anmache. Eigentlich war es immer solche Momente von Sicherheit bzw. Bedrohung im öffentlichen Raum, natürlich auch hier in Deutschland, wo ich mir gewünscht hätte ein Mann zu sein. Ansonsten fühle ich mich in meiner weiblichen Haut ziemlich wohl.

Was ist für Sie Diversity?
Das ist für mich persönlich ist das die Wertschätzung von Vielfalt: die Offenheit für und die Neugierde auf unterschiedliche Erfahrungen, Lebensläufe, Lebensmodelle. Ich habe meine berufliche Laufbahn als Journalistin gestartet und es wäre für mich schrecklich immer nur mit einer Sorte Mensch zu tun zu haben. Als unternehmerisches Konzept geht es bei Diversity vor allem um den Nutzen von Vielfalt für den wirtschaftlichen Erfolg, und zwar über Berücksichtigung unterschiedlicher Kundengruppen und -bedürfnisse, über Perspektivenvielfalt für innovative Produktentwicklung und schließlich über die Einbeziehung und Wertschätzung von Vielfalt unter den Beschäftigten um sie an das Unternehmen zu binden.

Was würden Sie als Entscheidungsträgerin als Erstes für Frauen tun?
Verpflichtende Elternzeit und flexible Arbeitsmodelle für junge Väter und Führungskräfte einführen.

Warum braucht Mobilität Frauen?
Frei nach Justin Trudeau: Weil wir 2019 haben? Weil Frauen die Hälfte der Bevölkerung sind? Gegenfrage: Braucht Mobilität Männer? Ich würde sagen: Mobilität braucht kluge Konzepte, in der sich die gesamte Bevölkerung wiederfinden kann.